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Gottesdienst zu Allerseelen als "Pilger der Hoffnung"

Das besondere Gedenken der Toten stand am ersten Novemberwochenende wieder im Vordergrund des kirchlichen Angebots. Gemeindegottesdienste, die individuelle Möglichkeit in jeder Kirche sich der Verstorbenen aus der jeweiligen Gemeinde namentlich zu erinnern, und die Trauerfeier auf dem Hauptfriedhof, dem Deutschfeldfriedhof bzw. Oberndorfer Friedhof zeigten den hohen Stellenwert des Umgangs mit dem Thema Tod und Trauer in der Stadtkirche.

Der Abschluss mit der Messe am Allerseelentag um 19.00 Uhr in Heilig Geist stellte den liturgischen wie atmosphärischen Höhepunkt des Totengedenkens dar. Herausragend die ergreifende und in der Qualität einmalige Darbietung des Vokalensembles Hl. Geist mit dem Requiem op.9  von Maurice Durufle unter der Leitung von Martin Seiwert, an der Orgel Matthias Braun.
Altardienst und Verkündigung teilten sich Pfarrer Stephan Eschenbacher und Seelsorger der Stadtkirche im Dienst verstorbener Menschen.

Die Ansprache von Pfarrer Stephan Eschenbacher hier zum Nachlesen, Ein paar Eindrücke von den Trauerorten mit Klängen aus dem gesungenen Requiem im Anschluss der Ansprache.

Liebe Schwestern und Brüder!

Dieses Heilige Jahr 2025 ist mit dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“ überschrieben. Ein schöner Slogan, doch wenn ich es mir so recht überlege: es ist gar nicht so leicht „Pilger der Hoffnung“ zu sein – wie ich finde.Diese Jahreszeit zum Beispiel, der Herbst mit den Nebeln, die aufsteigen, das oft nasse und trübe Wetter, die Blätter, die fallen, Allerheiligen und Allerseelen, dann noch der Volkstrauertag, - all das „zieht eher runter“, weil es mich unwillkürlich mit dem Tod konfrontiert. Gerade der November erinnert mich daran, dass ich sterblich bin.
Viele von uns, die hier sind, haben bereits einen lieben Menschen verloren; manche erst im vergangenen Jahr. Die Wunde des Abschied-Nehmen-Müssens ist da noch sehr schmerzlich, noch nicht verheilt – wenn das überhaupt geht. Die Trauer, der Verlust, der Schmerz immer wieder tauchen sie auf, meist in stillen Momenten, überkommen uns mit voller Wucht, oft plötzlich und unerwartet, wie der Tod selbst. All das sind im wahrsten Sinne des Wortes „Grenzerfahrungen“. Unser Leben ist begrenzt, eine der wenigen Wahrheiten, die so sicher sind, wie das Amen in der Kirche. Und die Erfahrung mit dem Tod bringt uns manchmal an unsere Grenze.
Wie kann ich da „Pilger der Hoffnung“ sein? Woher soll diese Hoffnung kommen? Worauf ist sie begründet?
Neben den Grenzerfahrungen haben wir immer wieder auch den Willen und die Sehnsucht, Grenzen zu überschreiten. Und das nicht nur im Sport, sondern auch in unserem Denken und in unserer Vorstellung. Wir müssen mit unserer eigenen Sterblichkeit umgehen, und dabei hilft, über sie hinauszugehen – auch gedanklich. Wenn wir es wirklich ernst meinen, dann schwören wir uns zum Beispiel ewige Treue und Liebe. Treue und Liebe gehen also über diese Welt hinaus, können ewig, unendlich sein.
Als Jesus am Grab seines Freundes Lazarus steht, weint er. Ausdruck seiner Liebe zu seinem Freund. Und dann plötzlich steigt Lazarus aus seinem Grab, wird lebendig. Das heißt: die Liebe lässt jemand weiterleben, in meinen Gedanken und besonders im Herzen. „Ich trag dich bei mir“, singt Herbert Grönemeyer über seine verstorbene Frau.
Liebe und Treue können also ewig sein. Und es sind Eigenschaften, die wir auch Gott zuschreiben. Wenn also unsere Liebe und Treue über den Tod eines geliebten Menschen hinausgeht… um wieviel mehr dann Gottes Liebe und Treue – über den Tod an sich?
Das jedenfalls ist unser Glaube – oder besser gesagt: unsere Ahnung… Hoffnung. Jesus bringt es im Evangelium zur Sprache, wenn er, als Gottes Sohn, zu Marta sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Jesus ist von den Toten auferstanden, das ist unser Glaube. Und dieser Glaube lässt mich anders mit der Grenzerfahrung des Todes umgehen, so dass ich „nicht trauere wie die anderen, die keine Hoffnung haben“, wie Paulus ermutigend schreibt.
Denn dieser Glaube schenkt mir die Hoffnung, dass ich nicht nur über diese irdische Wirklichkeit hinaus „denken“ kann, sondern dass es sie auch wirklich gibt: die Unendlichkeit, den Himmel. Also einen Ort, wo sich Gottes Liebe und Treue vollenden.
Den Glauben allerdings braucht es dafür. Deshalb sagt Jesus zu Marta: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Glaubst du das?“ Eine Frage, die er auch mir stellt: Kannst du Gott glauben, dass es ihn gibt, dass seine Liebe und Treue stärker ist als der Tod, dass er dich liebt und dass er dir die Verheißung schenkt, dass du einmal bei ihm gut aufgehoben sein wirst, wie jetzt schon unsere lieben Verstorbenen. Kannst du ihm das glauben?Bei allen Fragen und Unabwägbarkeiten ist dieser Glaube dann doch letztlich der Grund, der Boden auf dem ich mich als „Pilger der Hoffnung“ bewege. Zugegebenermaßen nicht immer festen Schrittes, im Gegenteil: oft zaghaft, vorsichtig tastend, manchmal auch Rückschritte inklusive. Schließlich wackelt der Boden ja auch manchmal. Aber ein Grundvertrauen ist da. Ein Grundvertrauen – man kann es auch „Glauben“ nennen -, das mich im Großen und Ganzen guten Mutes und hoffnungsvoll dem unendlichen Horizont entgegen gehen lässt.

Allerseelen 2025 von Joachim Werb